Pfarrer Dr. Horst Jesse hielt auf dem 1. Europäischen Kongress für Welt- und Globalgeschichte der Karl-Lamprecht-Gesellschaft e.V. am Samstag, 24. September 2005 in Leipzig im Panel 33: Internationale Organisationen das nachfolgend wiedergegebene Referat.
Ich definiere Geschichte als Erzählung eines Geschehens und seiner Wirkgeschichte. Aufgrund des Missionsauftrages Jesu: Matthäus 28, 19-20: "Darum geht nun zu allen Völkern der Welt und macht die Menschen zu meinen Jüngern! Tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch aufgetragen habe. Und das sollt ihr wissen: ich bin immer bei euch, jeden Tag bis zum Ende der Welt." ist Kirchen- und Missionsgeschichte Weltgeschichte.
Kirchen- und Missionsgeschichte haben zwei Konstante, die mit einander in Wechselbeziehung stehen auf der einen Seite die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus als Erlöser der Welt ist und auf der anderen Seite als Gegenüber die menschliche Entwicklung und ihre Umwelt.
Die Methode und Struktur der Kirchen- und Missionsgeschichtsschreibung sind bereits durch das Neue Testament und ins Besondere durch den Evangelisten Lukas, Neues Testament, vorgegeben:
Im Lukasevangelium 1, 1-4: heißt es: "Schon viele haben versucht, die Ereignisse darzustellen, die Gott unter uns geschehen ließ und die wir durch die Berichte der Augenzeugen kennen, die von Anfang an alles miterlebten und den Auftrag erhielten, die Gute Nachricht weiterzugeben. Darum habe auch ich mich dazu entschlossen, alles bis hin zu den ersten Anfängen sorgfältig zu erforschen und es für dich, verehrter Theophilus, in guter Ordnung niederzuschreiben. Ich tue das, damit du die Zuverlässigkeit der Lehre erkennst, in der man dich unterwiesen hat."
Lukas nennt die Quellenlage, den Gegenstand und die Absicht seines geschichtlichen Berichtes über Jesus Christus.
Die Apostelgeschichte (=Acta) des Neuen Testaments leitet der Evangelist Lukas folgendermaßen ein: Acta 1, 1-3: "Verehrter Theophilus, in meiner ersten Schrift habe ich alles berichtet, was Jesus tat und lehrte, von Anfang an bis zu dem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde. Zuvor gab er den Männern, die er, geleitet vom heiligen Geist, als Apostel ausgewählt hatte, Anweisungen für die Zukunft. Ihnen hatte er sich nach seinem Tod wiederholt gezeigt und ihnen die Gewissheit gegeben, dass er lebte. Während vierzig Tagen kam er immer wieder zu ihnen und sprach mit ihnen darüber, wie Gott seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden werde."
Die Acta beschreibt die Entstehung der ersten christlichen Gemeinden in Palästina. Acta 15 berichtet vom Apostelkonzil in Jerusalem, auf dem über die christliche Mission zu den Nicht-Juden im Römischen Reich entschieden wurde. Ihre Beschlüsse eröffneten die christliche Mission und die christlichen Gemeindegründungen im Römischen Reich und darüber hinaus in der Welt. Der Bericht über dieses Apostelkonzil ist wegweisend geworden für alle folgenden Konzilien, Synoden und kirchlichen Vollversammlung und Konferenzen. Es wurde und wird auf ihnen das Problem verhandelt: christliche Verkündigung und gesellschaftspolitische Gegebenheiten. Ihre Beschlüsse sind richtungsweisend für das Leben und Handeln der Christen, der Gemeinden und der Kirchen in der Welt. (1) Kirche und Mission sind etwas geschichtlich Lebendiges und von der Wechselbeziehung. Verkündigung der Botschaft von Jesus Christus und geschichtliches Umfeld.
Dies möchte ich an der Entstehung des Lutherischen Weltbundes als Beispiel eines konfessionellen weltweiten Zusammenschlusses und Zusammenlebens der evangelisch-lutherischen Kirchen der jeweiligen Länder zeigen.
1947 wurde in Lund/Schweden durch Delegierte aus evangelisch-lutherischen Kirchen der Welt aus dem Lutherischen Weltkonvent der Lutherische Weltbund (LWB) gegründet. (2) Er entsprang einem tatsächlichen missionarischen Bedürfnis seiner Mitgliedskirchen und gehörte zur Gruppe konfessioneller Zusammenschlüsse des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies ermöglichte eine Vertiefung auf dem Gebiet der Lehre und der Theologie; der Diakonie und des Weltdienstes, der missionarischen Kooperation wie auch in anderen Sachbereichen.
Der Sitz des LWB ist Genf. Seit 2005 gehören ihm 66 Millionen Menschen aus 138 evangelisch-lutherischen Kirchen der Länder an wie auch 11 vom LWB anerkannten Gemeinden und der vom LWB anerkannten Kirchenrat in 77 Ländern.
a) Natürlich wirft sich die Frage auf: „Wie wird eine weltweite zerstreute Gruppe konfessionsgleicher, isolierter Staats- und Freikirchen zu einer Bekenntnis-, Dienst- und Hilfsgemeinschaft?“(3) In einer statistischen Ordnungswelt des Feudalismus mit ihren Trennungsmechanismen hätte eine ökumenische Bewegung keine praktische Wirkung erbringen können. Erst die Intensivierung der Kontakte infolge der technischbedingten Annäherung der Länder und Kontinente brachte eine grundlegende Änderung in das Leben der kirchlichen Praxis. Die gesellschaftlichen Erfordernisse beschleunigten kirchliche und konfessionelle Grenzen zu überwinden um gegenüber der säkularen und außerchristlichen Welt die Gemeinschaft der Christenheit zu demonstrieren. Diese Zielvorstellung setzte die ökumenische Bewegung in Gang. Das weltweite christliche Zusammengehörigkeitsbewusstsein wurde durch die Jahrhunderte immer wieder von religiösen Gruppierungen wie den Pietisten, den Bibelgesellschaften und den Missionsvereinen betont. Durch sie gelangte es zu weltweiter Kooperation, Koordination und Information.
Doch auch im säkularen Bereich verwiesen die Weltausstellungen ab 1851 ff, die Arbeiterassoziationen 1864ff, der Weltpostverein 1874 u a. auf internationale Zusammenarbeit. Die Vereinigung des CVJM legte in Paris 1854 ihrem Zusammenschluss das Bekenntnis zu Jesus Christus zugrunde, das wegweisend für andere kirchliche Zusammenschlüsse wurde. (4)
Um der Sache des Evangeliums willen gab es bereits seit der Reformation eine enge theologische wie auch politische Zusammenarbeit zwischen den evangelischen Territorial- und Stadtkirchen des H.R. R. D. N., so bei der Abfassung der CA 1530, des Augsburger Religionsfriedens 1555, in der Lehrübereinstimmung der Concordienformel 1577 und des Westphälischen Friedens von 1648. Aufgrund des absolutistischen Staatssystems waren die evangelisch-lutherischen Kirchen keine rechtlich selbständige Größe. Erst im 19. Jahrhundert strebten Privatpersonen eine Vereinigung der evangelisch-lutherischen Kirchen in Deutschland aus der Freiheit des Glaubens an, nachdem sich 1814 ff die evangelisch-lutherischen Gemeinden mit den Reformierten Gemeinden aufgrund staatlicher Anordnung zu einer Union in der Pfalz und in Preußen zusammenschließen mussten. Das konfessionelle Luthertum erscheint als Reaktion auf den liberalen Protestantismus. Als Folge der Revolution in Deutschland von 1848 wurde von der evangelischen Führungselite eine Art Kirchentag bis 1872 abgehalten, um eine Erneuerung der Kirche anzustreben. Dies wiederholte sich in Deutschland in der Zeit nach dem I. Weltkrieg zwischen 1919-1930, um den Bestand der Evangelischen Landeskirchen nach dem Ende des landesherrlichen Kirchenregiments zu sichern. (5)
Auch von den ausgewanderten evangelisch-lutherischen Kirchengemeindemitglieder nach Übersee und anderen Ländern wie Südafrikas, Russlands, Südeuropas, Brasiliens und Australiens kam der Anstoß zu einem Zusammenschluss der evangelisch-lutherischen Landeskirchen, der vor allem durch die Missionstätigkeit der evangelisch-lutherischen Kirchen Europas unterstützt wurde. (6)
In Nordamerika bildeten die evangelisch-lutherischen Gemeinden die „Lutheran Cooperation Movement“. (7) Ihre kirchlichen Strukturen wie auch ihre synodale Verfassung entnahmen sie der Mutterkirchen. Zur Behebung der Lehrstreitigkeiten gründete sie 1820 eine Lutherische Generalsynode der USA, die die Unabhängigkeit der lutherischen Kirche in Nordamerika sicherte und den Distriktsynoden den Katechismen, die Agenden, Gesangbücher und das Glaubensbekenntnis zur Annahme empfahl. Nach Streitigkeiten schlossen sich die „Generalsynode des Südens“ und das „Generalkonzil“ zu einer „Vereinigten Lutherischen Kirche in Amerika“ (ULCA) 1918 zusammen. Später bildete sich der „Lutherische Rat in den USA“, dem auch die „Missouri Synode“, die sich durch eine konservative Haltung auszeichnete, angehört. (8)
Die evangelisch-lutherischen Kirchen Europas griffen das Missionsverständnis der Internationalen Jugendkonferenzen, Studentenkonferenzen und Missionskonferenzen auf und schufen die Voraussetzung der Ökumenischen Bewegung und des Zusammenschluss der evangelisch-lutherischen Kirchen der Welt. Die Kirchen setzten sich zum Ziel eine Erneuerung ihrer Verkündigung, ihrer Mission, ihrer sozialen Diakonie sowie die Einheit der Christen. (9)
Die Zeit vor wie auch nach dem I. Weltkrieg war die Zeit der kirchlichen Zusammenschlüsse, die sich gegenseitig beeinflussten. Die ökumenischen Konferenzen von Stockholm, Lausanne und Jerusalem wirkten auf den LWK ein. Auch die anderen kirchlichen Organisationen zeigten ökumenische Ansprüche: so die römisch-katholische Kirche, die Orientalische Orthodoxe Kirche, die Anglikanische Kirche, der Reformierte Weltbund, die Ökumenische Methodistische Konferenz, die baptistische Welt-Allianz u.a.
Vorbildcharakter hatte vor allem die Lambeth-Konferenzen der anglikanischen Kirchen, die ab 1867 ff zu der „Anglican Communion“ in weltweiter Koordination zusammentraten. Sie formulierten 1888 mit dem Lambeth Quadrilateral vier Prinzipien der Kircheneinheit, die für die ökumenische Diskussion des 20. Jahrhunderts bedeutsam wurden: Anerkennung der Heiligen Schrift, der altkirchlichen Symbola, der Taufe und des Abendmahls als Sakrament, die apostolische Amtssukzession im historischen Episkopat. (10)
In Skandinavien konnte sich 1857 aufgrund der gemeinsamen Kirchentradition die einzelnen Staatskirchen zu einer „Nordischen Bischofskonferenz“ (NLC) zusammenschließen.
Auf der Tagung in Hannover1868 wurde durch einen Zusammenschluss von Privatpersonen der evangelisch-lutherischen Kirchen die „Allgemeine Evangelisch-lutherische Konferenz“ (AELK) (11) gegründet, die sich als eine überregionale Bekenntnis-, Glaubens-, Verkündigungs-, Missions- und Sakraments-Gemeinschaft wie auch zur Unterstützung der kirchlichen Werke verstand. Zu beachten ist, dass der AELK sich als Bekenntnisbund im Gegensatz zum DEKB (=Deutscher Evang. Kirchenbund) sahen, dem ein theologisch-dogmatischer Konsensus fehlte.
Neben den deutschen lutherischen, den amerikanisch lutherischen Kirchen sind als dritte Größe die skandinavischen Kirchen und die mitteleuropäischen lutherischen Kirchen noch zu nennen. (12)
1901 wurde in Lund/Schweden die erste außerdeutsche Konferenz von Deutschen und Skandinavier und dann 1911 in Uppsala abgehalten, der sich auch die amerikanische Lutherische Generalsynode von 1820 anschloss. Das „Lutheriche Einigungswerk“, so seit 1901 bezeichnet, strebte einen internationalen Charakter an. (13)
Erst der I. Weltkrieg förderte die Entwicklung, dass sich in den USA etliche lutherischen Kirchen zum National Luthean Council (NLC) 1918 zusammenschlossen.
Gerade die Mission mit dem Ziel der Christanisierung der Welt zwang zur Besinnung auf die Einheit der Kirche. Die Weltmissionskonferenz von Edinburgh 1910 besuchten viele protestantische und anglikanische Missionsgesellschaften und Kirchen. Sie strebten eine Verfestigung der Kooperation mit dem Ziel „die Evangelisierung der Welt in dieser Generation“ mit der Bemühung um Kircheneinheit in praktischen und dogmatischen Fragen an.
Bereits vor dem I. Weltkieg bemühten sich christlich-soziale Bewegungen und der Friedensbewegungen um organisierte Kontakte zwischen den Kirchen. 1914 gegründete sich der Weltbund für Internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen. Der Ausbruch des I. Weltkrieges 1914ff verdeutlichte, dass die Christenheit mit ihrer Verkündigung und Praxis offenkundig dem Weltfrieden nicht effektiv hatte dienen können. Der Kulturschock des Epochenumbruchs und die manifeste Krise des Christentums weckte bei den Kirchen die Bereitschaft zu einer neuen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
Während des Ersten Weltkrieges (1914-1918) wurden die deutschen Missionskirchen in Afrika und Asien von den amerikanischen und schwedischen Missionaren weiter betreut.
Die Trennung von Kirche und Staat seit 1918/19 konnte ein selbständiges, übernationales Zusammenwirken der Kirche Wirklichkeit werden lassen. Denn das monarchische Staatsideal musste ab 1918 dem Gedanken der demokratischen Bürgerfreiheit mit seiner republikanischen und konstitutionellen Prägung weichen. (14) Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung, Selbstentfaltung wie auch die Selbstverwaltung und Machtkontrolle wurden zu bestimmenden Werten für das kommende Zeitalter, das ein eigenständiges Leben der Kirchen und Gemeinden ermöglichte. Die evangelisch-lutherischen Landeskirchen gaben sich eine Synodalverfassung mit einem Kirchenpräsidenten und einem Bischof an der Spitze.
-- b) Im deutschen Luthertum verlor der Nationalismus an Stärke. Alle waren sich nach dem I. Weltkrieg bewusst: „Der Krieg hat die Völker der Welt entzweit, aber die Lutheraner enger zueinander geführt.“ (15) Denn die europäischen wie auch die amerikanischen lutherischen Kirchen brachen trotz des Krieges den Kontakt zu den deutschen lutherischen nicht ab. Vor allem Prof. Dr. Nathan Söderblom (1866-1931), Uppsala und Prof. Dr. Ludwig Ihmels (1858-1933), Leipzig, arbeiteten eng zusammen. (16) Söderblom war die treibende Kraft der ökumenischen Bewegung. Die Nationalfrage der entstehenden lutherischen Volkskirchen in Polen, Estland, Lettland wurde von Söderblom auf der 1921 in Uppsala einberufenen Konferenz geklärt. Die pragmatische Effektivität der Kooperationen der lutherischen Kirchen schuf abseits der traditionellen Lehr- und Verfassungsgdifferenzen eine neue Mentalität der weltweiten Zusammengehörigkeit, getragen von einzelnen Persönlichkeiten der ökumenischen Bewegung. Dadurch kam es zu einer Veränderung im kirchlichen Selbstverständnis und Handeln, die auch das Bewusstsein der Gemeindemitglieder prägten. Die Ortsgemeinden und Landeskirchen sahen sich eingebunden in eine weltweite lutherische Gemeinschaft.
Gerade die amerikanische lutherischen Kirchen entwickelten ein Sendungsbewusstsein, so dass der amerikanische Prof. Dr. John A. Morehead (1867-1936) formulieren konnte: „Das Christentum ist das Gewissen der Welt. Der Protestantismus ist das Gewissen des Christentums. Das Luthertum ist das Gewissen des Protestantismus. Das amerikaniche Luthertum ist das Gewissen des Luthertums.“ Er war es auch, der dies Hilfsprogramme für Europa initiierte, aus denen die Weltkonferenz für Praktisches Christentum (Stockholm 1925) und die für Glaube und Kirchenordnung (Lausanne 1927) hervorgingen. Morehead gelang es, NLC und AELK zur Zusammenarbeit zu bewegen. Zuvor aber hatten die europäischen evangelisch-lutherischen Kirchen das Wechselverhältnis von Nation und Kirche neu zu überdenken. Denn in der AELK war der Nationalismus stärker als der Konfessionalismus, während es sich im NLC umgekehrt verhielt.
Söderlom schaffte es, Deutsche, Amerikaner und Nordeuropäer zu einem Gründungstreffen des Lutherischen Weltkonvents nach Eisenach 19. 8. 1923 zusammenzuführen. Es trafen sich 144 Vertreter aus 22 Ländern, die die Grundlage des Luthertums herausstellten und die sich daraus ergebenden praktischen Aufgaben formulierten. Der Amerikaner Morehead wurde zum Präsidenten und der deutsche Professor Ludwig Ihmels zum Vizepräsidenten gewählt. Das Exekutivkomitee wurde zur Fortsetzung der Arbeiten bestimmt und bemühte sich um einen Ausgleich zwischen NLC, der mehr praktisch ausgerichtete war und AELK, der mehr theologisch orientiert war. Der NLC strebte eine Weltkonferenz für Praktisches Christentum an, wie sie sich später auf den Konferenzen der Kirchen in Stockholm 1925 und dann auf der Konferenz für Glaube und Kirchenverfassung in Lausanne 1927 formierte. Der AELK betonte die theologische Grundlage von Schrift und Bekenntnis und gemeinsamen Missions- und Diasporakonzept. Auf der Tagung selbst sprach Ihmels über „Der ökumenische Charakter des Luthertums.“ Für ihn verbürgt die Einheit des Glaubens und das Bekenntnis zu Christus die Einheit der Kirche. Professor Alfred Th. Jörgensen stellte mit seinem Thema: „Das Bekenntnis als unerlässliche Grundlage der lutherischen Kirche.“ (17) die Weichen der Zusammenarbeit im Weltluthertum. Für ihn war Luthers reformatorische Entdeckung des Wort Gottes die höchste Autorität der Kirche und der daraus folgende Rechtfertigungsglaube. Somit hat die lutherische Kirche eine Mission für die Welt. Die Intention des Epheserbriefes wurde für die Einheit der Kirche maßgebend. Die theologische Zusammenarbeit der Kirchen funktionierte auch in der gegenseitigen Hilfe angesichts der Nachkriegsprobleme. Die Gründung einer großen ökumenischen ausgerichteten evangelisch-lutherischen Weltallianz wurde angezielt. (18) Der Wille durch das Evangelium bei einander zu bleiben überwand auch die enge Verbindung von Luthertum und nationaler Eigenart. Es war erfreulich, dass sich der LWK den geistlichen Fragen und der diakonischen Hilfe widmete. Der LWK war keine fixierte Organisation, sondern eine freie Vereinigung, die durch die Fortsetzung der Koordination auf weiteren Weltkonventen feste Gestalt annahm. Gegenüber „Life and Work“ und „Faith and Order“ strebten die deutschen Landeskirchen auf eine einheitliche bekenntnisbesimmte Kooperation. (19) The Lutheran World Almanach for 1928, S. 268 zählte 81 Millionen Lutheraner in der Welt.
Der Lutherische Weltkonvent unterstützte aufgrund der gesellschaftspolitischen Veränderungen die lutherischen Kirche nach dem I. Weltkrieg. Der Nationalismus wurde durch den Internationalismus ersetzt. Eine neue Mentalität der Zusammengehörigkeit brach sich Bahn.
Die Hilfsaktion der lutherischen Kirche aus Deutschland, Schweden, Frankreich und Südamerika stützten die lutherischen Kirchen Russlands. Durch finanzielle Zuwendungen konnten die dortige große Laienbewegung gefördert werden; denn die lutherische Kirchen verstanden sich als Volkskirchen und ihre Diasporaarbeit wurde von ihr als Volkstumspflege gesehen.
Neben der Diasporaarbeit wurde die Missionstätigkeit neu ausgerichtet. Die Hilfe in Europa wurde über die Europäische Zentralstelle für kirchliche Hilfsaktionen, die Alfred Keller ( 1871-1962) in der Schweiz gründete, verteilt. Die Missionskirchen wurden verselbständigt und gründeten auf dem Bekenntnisstand und gaben sich eine Verfassung mit Bischofsamt, so dass sie das Predigtamt ausüben konnten. Wichtig erschien den Lutherischen Kirchen die Studentenmission in Europa.
Es war klar, dass eine Zusammenarbeit in Mission und Sozialarbeit ohne eine Verständigung in den Grundfragen christlicher Lehre auf Dauer unmöglich war. Wichtig war die Anfertigung einer Verfassung für den Luth. Weltkonvent, der in seiner Präambel betonte: „Der Lutherische Weltkonvent erkennt die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments als die alleinige Quelle und unfehlbare Norm aller Lehre und alles Handelns an. Er sieht in den drei ökumenischen Glaubensbekenntnissen und den Bekenntnissen der lutherischen Kirche, insbesondere der unveränderten Augsburgischen Konfession und Luthers Kleinen Katechismus, eine zutreffende Auslegung des Wortes Gottes.“ (20) Diese Präambel hatte praktische Bedeutung für die Ausrichtung des Gottesdienstes, der Erziehung, des Leben, der Mission und des Hilfsdienstes. Die Vertreter im LWK sahen sich als selbständigen evangelisch-lutherischen Kirchen an.
Ein kleiner Ausschuss von 6 Mitgliedern trug stellvertretend die Verantwortung für das Ganze des LWKs, der die Zusammensetzung, Arbeitsweise, Aufgabenstellung und Auftragsbefristung bestimmte. Er sollte Diakonie, Diasporapflege und Mission des Weltluthertums koordinieren. Nach dem Willen von Morehead wurde kein Zentralbüro eröffnet, sondern ein Exekutivkomitee bestellt. Im „Großen Ausschuss“ (=Große Komitee) waren alle evangelisch-lutherischen Kirchen durch Abgesandte vertreten. Die Lutherische Zusammenarbeit zielte ab, das Glaubenserbe über alle Schranken der Nationalitäten, Sprachen und Kulturen hinweg auszulegen.
Parallel zu den kirchlichen Zusammenschlüssen war auf politischer Ebene nach dem I. Weltkrieg der Wunsch, international zusammenzuarbeiten, um Kriege zu vermeiden. 1919 wurde der Völkerbund in Genf gegründet.
Die Statusdifferenz des LWK hervorgerufen durch offizielle Delegierte aus den USA, Privatpersonen aus Europa trugen die Kontroverse weiter aus, ob der Konvent der Anfang eines festen Bundes werden oder eine unverbindliche Konferenz bleiben solle. Das deutsche wie auch das skandinavische Landeskirchentum stand dem Bundeskonzept im Wege. Trotzdem setzte sich die amerikanische Position auf dem 2. Lutherische Weltkonvent in Kopenhagen vom 26. Juni bis 4.Juli 1929 mit der Verabschiedung einer vorläufigen Verfassung durch. Sie orientierte sich an der kirchengeschichtlichen Tradition so des Marburger Gespräches von 1529, des Kleinen Katechismus von 1529 und der CA von 1530 (21) wie auch der Ökumenischen Weltkonferenzen von Stockholm 1925, Lausanne1927 und der Weltmissionskonferenz von Jerusalem 1928. Der Lutherische Weltkonvent stellte sich, der ekklesiologischen Problematik der Christenheit, der Missionsfrage, der sozialen Verantwortung und der Diasporaarbeit. Es galt die Kriegsschäden aufzuarbeiten und die Kooperation mit USA zu vertiefen. LWK erkannte, dass an die Stelle des Nationalismus der Internationalismus getreten war.
Der lutherische Ökumenismus wusste um die Betonung des Individualismus durch das Evangelium und erkannte die Gefahr des Rassismus und des übertriebenen Nationalismus. Es bot sich die Einheit in der Vielheit an, die gegeben war durch die alleinige Autorität der Schrift, der Rechtfertigung, der Gnadenmittel, der ökumenischen Symbole und der Bekenntnisschriften. (22) Dies ermöglichte den ökumenischen Dialog mit den anderen christlichen Kirchen.
Der LWK lehnte eine Vermischung von Kirche und Politik ab und sah seine Arbeit auf geistigem und kirchlichem Gebiet. Die Vorträge von Werner Elert und Nathan Söderblom gaben dem LWK seine theologische Ausrichtung. Die 2. LWK-Konferenz betonte die Gemeinschaft der verfassten Kirchen, die auf dem gemeinsamen Glauben an Jesus Christus und den Bekenntnissen ruhe. Frederick Knubel verhandelte darum bewusst das Thema Kirche und Mission. Der Kampf des Staates gegen die Kirche in der Sowjetunion und im faschistischen Italien wurde gesehen. Demgegenüber konnten die Kirchen nur durch eine Erneuerung von innen durch das Evangelium bestehen. Ebenso verwies Landesbischof Ihmels auf die kommenden schweren Belastungen der Kirche durch den aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland. Es wurde erkannt, dass die europäische Bevölkerung geistig und wirtschaftlich geschwächt und deshalb den Demagogen ausgesetzt sei. Das Exekutivkomitee unter Morehead kümmerte sich um die schwierige Lage der Lutheraner in der Sowjetunion. Der LWK half bei der Aussiedlung von 400 Lutheranern aus der Sowjetunion nach Lateinamerika.
Angesichts der ernsten politischen Lage in Europa fanden jährlichen Tagungen des Exekutivkomitees in den skandinavischen Ländern statt, aber auch Hannover 1933, München 1934; Paris 1935. Ab 1933 wurde angestrebt, den LWK aufzuteilen in eine „Zentralgruppe“ (Deutschland), eine „Westgruppe" (USA) und eine "Nordgruppe" (Skandinavien), was sich angesichts der Finanzlage nicht realisieren ließ. 1935 wusste - wie Professor Jörgensens (1874-1953) notierte - das Weltluthertum über Adolf Hitlers politische Absichten Bescheid (23) Es wurde beschlossen eine wissenschaftliche theologische Zentrale zu errichten, um so dem Nationalsozialismus wie auch dem Kommunismus begegnen zu können. Trotzdem hoffte Morehead, dass die Sowjetregierung Gott anerkennen und Freiheit und allgemeine Menschenrechte für alle Staatsbürger garantieren werde. Mit Sorge wurde die Entwicklung der Evang.-Luth. Kirche und die Judenverfolgung im deutschen NS-Staat beobachtet.(24) Erzbischof Eidem sprach sich kritisch gegen den Antisemitismus und die „Deutschen Christen“ unter Reichsbischof Ludwig Müller in Deutschland aus. (25) Theologisch intensiv beschäftigte sich der LWK mit dem Verhältnis des kirchlichen Unterrichts, wie auch mit der Beziehung zwischen Staat und Kirche. (26) In Deutschland selbst gelang es der Synode von Barmen sich von den Deutschen Christen abzugrenzen. Auch die Tagung des Exekutivkomitees in München 1934 stärkte die Lutheraner und leitete die Gründung der „Bekennenden Kirche“ ein. Die abgesetzten Bischöfe: Meiser, Marahrens und Wurm konnten ihre Ämter nach staatlicher Unterbrechung wieder fortführen. Den deutschen Kirchenkampf beobachtete der LWK aus der Ferne.
Die 3. Tagung des Lutherischen Weltkonvent in Paris vom 13.-20. Oktober 1935 war gekennzeichnet von schwierigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen in Europa. Die Weltmission wie auch „Das Luthertum und die religiöse Krise in der Gegenwart" standen auf der Tagesordnung. Den zeitgeschichtlichen geistigen Tendenzen, geprägt von Oswald Spengler, dem Materialismus und der Entwicklungstheorie Charles Darwins, wurde die Botschaft des Evangeliums entgegengestellt. Die Krise des Volkslebens mit seinem Wertverlust wurde gesehen. Der demokratische Rechtsstaat hatte sich noch nicht als Staatsform herausgebildet. Theologen wie Karl Barth stellten Gott wieder in den Mittelpunkt und übten Kritik an der Selbstherrlichkeit des Menschen. Die lutherische Theologen fragten: Wie kann das Leben des Menschen vor dem Leben Gottes bestehen oder sogar zur Gemeinschaft mit ihm berufen werden? Nach Dr. Stadener hat das Luthertum als Gewissen der Welt zu fungieren.(27) Die Kirche hat gegen den Krieg anzukämpfen und die Krise der Völker zu benennen. Nach Astrup-Larsen habe die lutherische Kirche eine bewusste ökumenische Zusammenarbeit anzustreben. (28) Der deutsche Bekenntniskampf der Kirchen beeinflusste den 3. LWK und es wurde erkannt, die Kirche habe zur Lösung gesellschaftspolitischer Probleme beizutragen.
Als Nachfolger des Präsidenten John A. Morehead wurde August 1935 Bischof Marahrens und Hanns Lilje (199-1977) zum Exekutivsekretär gewählt. 1936 wurde das in Berlin eingerichtete Sekretariat des LWKs mit Dr. Hans Lilje besetzt. Damit wurde der LWK ein internationaler Kirchenbund im Sinne einer Bekenntnis-, Arbeits- und Lastenausgleichsgemeinschaft.
Auf der Amsterdamer Tagung des Exekutivkomitees legte Lilje seinen Verfassungsentwurf vor, zu dem auch einen Verfassungsentwurf der US-Sektion und der nordeuropäischen Sektion des LWK eingereicht wurde. Es wurde beschlossen, dass der LWK nicht in die inneren Angelegenheiten der selbständigen Landeskirchen eingreifen solle. Als Aufgabenbereiche des LWKs kristallisierten sich heraus: Verkündigung, Erziehung und Liebestätigkeit. Durch den ausgebrochenen II. Weltkrieg 1939-1945 verzögerte sich die Abfassung einer Verfassung, was erst nach dem Krieg geschah als an die Stelle des LWKs der LWB trat. (29) Durch den ausgebrochenen II. Weltkrieg konnte der Vierte Lutherischen Weltkonvent in Philadelphia 1940 nicht mehr stattfinden.
Der LWK hatte sich als Hilfswerk verstanden und war nun auf dem Weg zu einem kirchlichen Einigungswerk als er die Gedanken der „Lambeth-Konferenz“ der anglikanischen Kirchen aufnahm. Der LWK reagierte auf die ökumenischen Konferenzen von Stockholm 1925; Lausanne 1927, Oxford 1935 und Edinburgh 1935. Die gesellschaftspolitische Situation der dreißiger und vierziger Jahre forcierte den Zusammenschluss der lutherischen Kirchen und ermöglichte ihre Missionsarbeit, Diasporaarbeit und den Austausch der theologischen Arbeit. Das Exekutivkomitee bestimmte sein Verhältnis zur ökumenischen Bewegung von CA VII her und durch das Bekenntnis der Kirchen zu dem Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland. Während des II. Weltkrieges wurden die Missionsgebiete der deutschen lutherischen Missionsgesellschaft in Afrika, Asien und Ozeanien vom LKW weitergeführt. In Deutschland zerstörte der Nationalsozialismus das evangelische Presse- und Publikationswesen und betrieb die Vernichtung der Geisteskranken und die Behinderung des evangelischen Schulwesens.(30)
Nach 1945 gliederte sich in Deutschland die AELK in die VELKD ein. Marahrens gab seinen Vorsitz an Sommerlath ab. Die Evangelischen Kirchen Deutschland bekannten mit der "Stuttgarter Erklärung" vom Oktober 1945 ihre Mitschuld an den politischen Verhältnissen des 3. Reiches. Dies trug zum Abbau der Spannungen zu den anderen ausländischen evangelischen Kirchen bei. (31) Auf die 70 Millionen Lutheraner in der Welt kam das soziale Problem der 10 Millionen Flüchtlinge zu. Das Motto war nun: "Zuerst kommt das Brot und dann der Katechismus."
Die Gründung des Lutherischen Weltbundes (LWB) ging 1947 von den lutherischen Kirchen der USA aus, die neben der Vergangenheitsbewältigung vor allem eine Hilfsaktion für die notleidende Bevölkerung ins Leben rief. In Amsterdam wurde 1948 der Ökumenische Rat der Kirchen (=ÖRK) gegründet, der sich als Gemeinschaft der Kirchen verstand. Der LWK war eine konfessionelle Ergänzung zum ÖRK. Gerade der Theologe Hans Ehrenberg (1883-1952) betonte die entschlossene Haltung gegenüber dem Bekenntnis als Charakteristikum der Kirche; denn nur so sei die Einheit der Kirche in ihrer Vielheit möglich. (32). Die Zusammenarbeit beider Institutionen war durch den gemeinsamen Sitz in Genf gegeben.
Trotz des Versagens des Völkerbundes entstand während des II. Weltkrieges erneut der Wunsch, eine Weltorganisation zur Sicherheit des Friedens zu schaffen. In San Francisco wurde 1945 die endgültige Satzung der UNO ausgearbeitet. (33) Mit der Erklärung der Menschenrechte 1948 hatte sie sich einen rechtsverbindlichen Maßstab gegeben. Der Sitz der UNO ist New York.
Am 1.7.1945 reiste der amerikanische Pastor Sylvester Clarence Michelfelder (1889-1951) von New York nach Genf, um dort beim Ökumenischen Rat die Lutheraner zu repräsentieren. (34) Es galt die Zusammenarbeit und die Einheit untereinander zu koordinieren.
Auf der Gründungsvollversammlung des LWB in Lund (Schweden) vom 30. Juni bis 6.Juli 1947, deren Leitthema: „Die lutherische Kirche in der Welt von heute“ wurde versucht eine Antwort auf die Situation der Menschen nach dem II. Weltkrieg zu geben. Als Lehrgrundlage wurde betont die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments als die alleinige Quelle und unfehlbare Norm allen Lehrens und Handelns der Kirche. Das Ziel des LWBs war die ermutigte Bezeugung des „Evangeliums von Jesus Christus als die seligmachende Kraft Gottes vor der Welt:“ (Verfassung Art. III, 2a) Als seine Bekenntnisgrundlage wurde beschrieben die Bekenntnisschrift der unveränderten Confession Augustana und der Katechismus Dr. Martin Luthers als die „unverfälschte Auslegung des Wortes Gottes“. Mit der Bezeichnung „Bund“ sollte die freie Vereinigung der Kirchen untereinander ausgedrückt werden, dass der LWB gegenüber den Gliedkirchen keine Vollmacht habe „Gesetze zu erlassen, oder in in ihre volle Autonomie einzugreifen.“ Der LWB versteht sich als Kirche im Sinne des Artikels 7 der Confesio Augustana: Verkündigung und Verwaltung der Sakramente. Daraus erwächst die Verkündigung, die Mission als gemeinsame Aufgabe (KWM), die theologische Studienarbeit, "die lutherische Beteiligung an ökumenischen Bewegungen“, die Katechismsusunterweisung und der Weltdienst. Der LWB wählte Anders Nygren zum Präsidenten und Michelfelder zum Generalsekretär. (35) Das Exekutivkomitee schloss seine Arbeit zum Verfassungsentwurf des LWK ab und nahm sie als die des LWBs an, in der das Wesen der Kirche beschrieben wurde. Von nun an galt es die Artikeln des lutherischen Bekenntnisse so zu interpretieren, dass sie sich alle lutherischen Kirchen auf der Welt zu eigen machen können: Rechtfertigung und Gerechtigkeit, Glaube und Handeln. Themen wie das Bekenntnis der Sünde, die Botschaft von der Vergebung und die Verpflichtung gegenüber der Welt bestimmten während der Vollversammlung das Interesse der Delegierten und Gäste. Der LWB selbst verstand sich als Gemeinschaft von Kirchen, die mit dem Namen Dr. Martin Luthers verbundene Tradition den kommenden Generationen weitergeben möchte. Gleichzeitig wurde richtungsweisend die Arbeit des LWB wie folgt bestimmt:
1) Hilfe für Menschen in Not;
2) gemeinsames Handeln in der Mission;
3) gemeinsame Studien in der Theologie:
4) eine gemeinsame Reaktion auf die ökumenischen Herausforderungen.
Die 2.Vollversammlung in Hannover, BRD, 1952, 23. Juli bis 3. August tagte unter dem Thema: „Das lebendige Wort in einer verantwortlichen Kirche.“ (36) Auf ihr wurde die Abteilung für Weltmission (AWM) als Exekutivorgan des LWBs gegründet. Die Mission wurde ganzheitlich verstanden und schloss den Dienst am Menschen ein. Bereits auf dieser Vollversammlung zeigte sich, dass die Blockbildung: Deutschland, Nordeuropa und USA ab 1952 durch ein Lateinamerika-Komitee ergänzt wurde und ab 1955 durch ein Afrika-Komitee. Damit wurde dem erwachenden Selbstbewusstsein der Missionskirchen Rechnung getragen.
Die 3.Vollversammlung in Minneapolis, USA, 1957, 15. bis 25. August hatte zum Thema: „Christus befreit und eint.“ (37) Auf ihr wurde bewusst, dass die lutherischen Kirchen Mitteleuropas dem ideologischen Einfluss der Sowjetunion ausgesetzt waren. Deshalb entzog sich der LWB der "Christlichen Friedenskonferenz", Prag, die auf Initiative Moskaus ins Leben gerufen wurde. Der exilierte ungarische Bischof Lajos Ordass hielt die Eröffnungspredigt über: "Christus befreit und eint" und enthielt sich jeder politischen Kritik. Die Vollversammlung legte theologisch die Gottesdienstgrundsätze fest. Es zeichnete sich bereits eine Neuorientierung und neu Strukturierung des LWBs der kommenden Jahren ab, weil sich die Tätigkeit des Weltchristentums von Europa in die südlichen Ländern verlagerte. Das Wort Mission, das aufgrund der Vergangenheit ideologisch verstanden wurde, wurde durch das Wort des Dialogs ersetzt.
Die 4. Vollversammlung in Helsinki, Finnland, 1963, 30. Juli bis 11. August stellte sich unter das Thema: „Christus heute“ (38) Während der Tagung war zu erkennen, dass eine so schwierige theologische Frage wie Rechtfertigung im Plenum der Vollversammlung nicht verhandelt werden konnte. Die theologische Frage wurde durch die veränderte politische Situation - Befreiungstheologie- auch zu einer politischen Frage. Lange wurde über das Verhältnis von Rechtfertigung und Gerechtigkeit diskutiert. Damit wurde deutlich, dass der politische Kontext auch das Geschehen der Vollversammlungen indirekt beherrsche. Gleichzeitig wurde erkannt, dass maßgebliche Fragen der Arbeit des LWBs vom Exekutivkomitee, von der Kommission für Theologie, von Weltdienst und Weltmission gelöst werden sollten. Die Errichtung des Radiosenders "Stimme des Evangeliums" in Addis Abeba, Äthiopien, wurde begrüßt.
Auf der Tagung des Ökumenischen Rates der Kirche (ÖRK) in Neu-Dehli, Indien, wurden die Orthodoxen Kirchen als Mitglied des ÖRKs aufgenommen.
Durch die Eröffnung des II. Vaticanum 1962 rückte das ökumenische Gespräch in den Vordergrund. Aus diesem Grund wurde die Errichtung der "Lutherischen Stiftung für ökumenische Forschung" in Straßburg beschlossen.
Die 6. ÖRK-Vollversammlung in Uppsala 1968 verdeutlichte, dass Kirche und Handeln zusammengehören und dass Menschenrechte, Gleichberechtigung und Rassismus auch theologisch aufgearbeitet werden müssen. Die Sozialethik verband christliche Verkündigung und menschliche Entwicklung zu einer Einheit.
Die 5. Vollversammlung des LWB sollte ursprünglich in einem lateinamerikanischen Land, Brasilien, stattfinden. Sie musste wegen politischer Spannungen nach Evian, Frankreich, 1970, 14. bis 24. Juli verlegt werden und hatte zum Thema:„Gesandt in die Welt“. (39) Der LWB handelte nach seinem Selbstverständnis, die Verkündigung des Evangeliums nicht mit politischen Zielen zu verbinden. Trotzdem versuchte sich, der LWB nicht den Problemen der Welt zu entziehen, sondern stellte sich dem Krisenbewusstsein der Welt mit seinem Programm Hilfe für Menschen in Not. Auf weltlich-politischer Seite propagierte die UNO eine Dekade der partnerschaftlichen Weltentwicklung. Der LWB wandte sich verstärkt der Themen der Sozialethik und der Menschenrechte zu. Ebenso wurde das politische Verhältnis von Ost- und Westeuropa und über das wirtschaftspolitische Nord-Süd-Gefälle nachgedacht. Gemäß der Forderungen der früheren LWB- Versammlungen waren erstmals Laien, Frauen und Jugendliche auf der Tagung in Evian vertreten und diskutierten mit.
Der LWB stellte sich den ökumenischen Herausforderungen und nahm den Dialog mit der sich nach dem II. Vaticanum öffnenden römisch-katholischer Kirche auf. Es wurde am Programm Einheit der Menschen und an dem Konzept "Einheit in versöhnter Verschiedenheit" gearbeitet. Hingewiesen sei auf die Ergebnisse des Dialogs in Buchform. Seit 1985 werden bilaterale Dialoge mit dem Reformierten Weltbund, mit dem Methodistischen Weltbund, mit dem Baptistischen Weltbund und vor allem den Orthodoxen Kirchen geführt.
Diese 5. LWB-Vollversammlung unterstrich, dass jede Mitgliedskirche die Verantwortung für die Mission Gottes, die Ausdruck des gesamten Lebens der Kirche sei, zu tragen habe. Es wurde die Kommission und Abteilung der Kirchenzusammenarbeit (KKZ/AKZ) gebildet. Damit wurde die Mission zur Evangelisation. 1988 wurde die Erklärung „Gottes Mission als gemeinsame Aufgabe“ herausgegeben. 1989 wurde die Abteilung für Mission und Entwicklung (AME) geschaffen.
Die 6. Vollversammlung in Daressalam, Tansania, 1977, vom 13. bis 25. Juni, befasste sich mit dem Thema: „In Christus eine neue Gemeinschaft“. (40) Mit diesem Tagungsort unterstrich der LWB die Bedeutung der afrikanischen Kirchen. Auf der Tagung wurde der tansanische Bischof Josiah Kibira zum Präsidenten des LWBs gewählt. Die Apartheidspolitik Südafrikas wurde vom Evangelium her für den LWB zu einem „status confessiones“. Es wurde klar, dass sich Glaube und Politik nicht trennen lassen, sondern zu einer Entscheidung herausfordern. Den evangelisch-lutherischen Kirchen Südafrikas und Namibias wurde anempfohlen ihre Apartheidspolitik zu überdenken. Gleichzeitig wurde deutlich die Spannung zwischen konfessioneller Ausprägung des Glaubens und der universalen Einheit in Jesus Christus deutlich.
Die "Leuenberger Konkordie" als Bekenntnis öffnete den Weg zu einer Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutherischer und Reformierten Kirche. Das Verhältnis zwischen Lutherischen Kirche und Judentum wurde neu überdacht.
Durch den KFZE-Prozess von Helsinki 1975 wurde die Ost-West-Politik neu geordnet.
Die 7. Vollversammlung in Budapest, Ungarn, 1984, vom 22. Juli bis 5. August hatte zum Thema: „In Christus-Hoffnung für die Welt“ (41) Zum ersten Mal tagte der LWB in einem Ostblockland und stärkte somit die evangelisch-lutherischen Kirchen des Ostblocks.
Auf dieser Vollversammlung wurden die zwei Mitgliedskirchen des LWBs: Südafrika und Namibi, wegen Rassentrennung in ihren Kirchen von dem LWB suspendiert. Auch der politische Ost-West-Gegensatz wurde durch die Wahl des ungarischen Bischofs Zoltan Kaldy zum Präsidenten des LWBs deutlich, weil er mit der marxistischen Regierung seines Landes kooperierte und als Begründung eine „Theologie des Dienstes“ propagierte. Bisher wurden nur Bischöfe aus den westlichen Ländern zu Präsidenten gewählt. Kaldys Wahl als ein Bischof aus einem Ostblockland war ein Novum und wurde von LWB-Mitgliedskirchen der südlichen Halbkugel unterstützt.
Die 8. Vollversammlung Curitiba, Brasilien, 1990, vom 29. Januar bis 8. Februar, stand unter dem Thema: „Ich habe das Schweigen meines Volks gehört.“ (42) Sie beschäftigte sich mit den gesellschaftlich sozialen Problemen der Dritten Welt. Auf dieser Tagung wurde der Begriff der „communio“ in die Wesensbestimmung des LWBs eingebracht. Durch die "communio-Ekklesiologie" wurde der Weltbund erst zur Gemeinschaft: „Der LWB ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die in Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft verbunden sind.“ Ebenso wurde die sozialethische Dimension des LWBs neu beschrieben, dass dieser weltweit unter den Mitgliedskirchen diakonisches Handeln, Linderung menschlicher Not, Frieden und Menschenrechte, soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung Gottes und gegenseitiges Teilen“ fördern solle. Der LWB bemühte sich in seinen Aussagen und Verlautbarungen um ein Gleichgewicht zwischen lehrmäßiger Identität und dem Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Auf dieser Vollversammlung wurde das Dialog-Projekt Kirche und andere Glaubensrichtungen in Angriff genommen. Die AMED betrieb die Befähigung der Kirchen zur Mission, Entwicklung und Diakonie. (43) Neben den Schwerpunkten Mission und Entwicklung ist die AMED verantwortlich für Programme für Frauen in Kirche und Gesellschaft, Jugendarbeit, christliche Erziehung, theologische Ausbildung und Qualifizierung von kirchlichen Führungskräften. Die AMED fühlte sich für einen ganzheitlichen Ansatz von Mission verpflichtet und trat für die Transformation und Ermächtigung von Menschen und Welt ein und stellte sich explizit dem Dialog mit anderen Religionen.
Die 9. Vollversammlung in Hongkong, Asien, 1997, vom 8. bis 16. Juli 1997, deren Thema lautet: „In Christus – zum Zeugnis berufen“. Auf ihr wurde auch der Dialog mit den großen Weltreligionen in Angriff genommen. Auch das Thema der "Feministischen Theologie" wurde diskutiert.
Auf dieser Vollversammlung wurden Ishmael Noko (Simbabwe, Afrika) zum Generalsekretär berufen und Landesbischof Christian Krause, Braunschweig, Deutschland, zum Präsidenten gewählt. (44)
Die 10. Vollversammlung in Winnipeg, Kanada, 2003, 21. bis 31. Juli, beschäftigte sich mit dem Thema: „Zur Heilung der Welt“. Sozialethische Fragen wie auch Umweltfragen wurden aus christlicher Verantwortung besprochen und Empfehlungen gegeben.
Über die laufende Arbeit des Lutherischen Weltbundes informiert die Zeitschrift „Lutheische Welt-Information.“ Die Berichte der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes werden durch das Sekretariat in Genf veröffentlicht. Ebenso werden durch es zu bestimmten theologischen Themen Publikationen herausgegeben, so u.a.: „The Scandal of a Crucified World“ 1994. Eine lutherische Radiostation wird in Tansania, Afrika, seit 1964 betrieben.
Theologie ist ein Bestandteil des LWBs. Die Anfangsperiode des LWBs war von theologischen Grundsatzfragen bestimmt. Mit der Vollversammlung in Helsinki 1963 begannen die Theologie der Erneuerung und das Interesse an einer "Theologie von unten" mit Einbeziehung der Sozialtheorien. Nach Daressalam 1977 bemühte sich der LWB um Ausgewogenheit von Theologie und Anfragen der Gegenwart. Die Theologie hatte die Spannung von Verkündigung und menschlicher Entwicklung zu klären. In der Anthropologie war das Thema: Erlösung des Menschen und in der Ekklesiologie: das Verhältnis von koinonia und communio. Erst dann lassen sich die Projekte: Friede, Gerechtigkeit und Menschenrechte gestalten. Die Kirche steht im Dienst des Menschen.
Der LWB unterstützt angesichts des religiösen Pluralismus in der Welt den interreligiösen Dialog. Er soll in gegenseitigem Respekt und Anerkennung geschehen. Der LWB bietet den Raum der gegenseitigen Hilfe und wie auch der gegenseitigen Bereicherung in der kirchlichen Arbeit. So gibt es den Kommunikationsausschuss Lutherischer Minderheitskirchen in Europa (KALME).
Die Gespräche auf der ökumenischen Ebene führten zu Ergebnissen:
-- 1994 wurde die Provoo-Erklärung formuliert, die die Kanzel- und Sakramentsgemeinschaft zwischen den Anglikanischen Kirchen in Großbritannien und Irland und den nordischen- und baltischen-lutherischen Kirchen regelt.
-- In der evangelisch-lutherischen Kirche wurde die Frauenordination beschlossen.
-- Der interreligiöse Dialog zwischen evangelisch-lutherischen Kirche und römisch-katholischer Kirche ermöglichte in Augsburg 1999 am 31. Oktober die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigung. Trotzdem sind noch nicht die Fragen über Amtsverständnis, Abendmahlsverständnis, wie auch die Stellung des Papstes zwischen Evangelisch-Lutherischer und Römisch-Katholischer Kirche geklärt.
-- Der interreligiöse Dialog führt zur Abendmahls- und Predigtgemeinschaft zwischen Evang.-Luth Kirche in Deutschland und
a) Altkatholischen Kirche: Utrecht
b) Anglikanischen Kirche: Meißener Erklärung
2005 wurde das Dokument:„Anglikanische-Lutherische Übereinkommen – Internationale und regionale Übereinkommen 1972-2002“ als LWB Dokumentation Nr. 49 veröffentlicht.
Ökumene ist ein Beitrag zur christlichen Welteinheit. Die Kirchen sind um den Weltfrieden bemüht. So kam es zum Zusammenschluss der evangelisch-lutherischen Kirchen in Indien, Afrika, Lateinamerika und Nordamerika mit dem Ziel der gegenseitigen Unterstützung.
Das Evangelium zeigt sich in seiner Vielfalt und ist auf Einheit angelegt. Dies geschieht nicht nur zwischen den unterschiedlichen christlichen Kirchen, sondern auch mit den anderen Religionen der Welt Die theologischen Lehrdifferenzen können in Religionsgesprächen aufgrund der gegenseitigen Anerkennung und des Respekts als Partner beigelegt werden. Seit 1988 wird ein „Interreligiöser Dialog: Konflikt und Frieden“ praktiziert: so z.B. der christlich-muslimische Dialog, dessen Ergebnis soll 2006 publiziert werden. Durch den Dialog wird der Andere nicht mehr als Fremder erfahren, sondern als Freund und Gefährte im Kampf um Frieden und Gerechtigkeit des weltweiten Zusammenlebens. (45) Gerade für Afrika ist dieser Dialog von entscheidender Bedeutung, weil Christen und Muslime in vielen afrikanischen Staaten zusammenleben.
Ziel ist ein gemeinsames Ringen der Menschen um überleben zu können und durch ihren gemeinsamen Einsatz für Menschenwürde, Gerechtigkeit, Versöhnung und Frieden die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Diese Arbeit wird durch die LWB-Abteilung für Weltdienst (AWD) unterstützt.
Die evangelisch-lutherischen Kirchen sind eigenständige nationale Kirchen mit eigener Verfassung, die auf Trennung von Kirche und Staat achten. Dies erlaubt ihnen von ihrem theologischen Ansatz her verantwortlich in der Gesellschaft mitzuarbeiten.
Die Not der beiden Weltkriege von 1914-1918 und von 1939-1945 stellten eine Herausforderung an die Diakonie der Kirche: Kriegsgefangenen- und Flüchtlingsprobleme. Auch mit der Entkolonialisierung begann sich das Verhältnis von der Verkündigung des Evangeliums und der Entwicklung der Menschheit neu zu entfalten. Die Spannung zwischen diakonischen Diensten und politischem Handeln gilt es immer neu zu lösen. Mission und Entwicklung sind untrennbar. Die Kirche habe sich für soziale Gerechtigkeit und Frieden in der Gesellschaft einzusetzen.
Seit den demokratischen Wahlen in Südafrika bemüht sich die evangelisch-lutherische Kirche (ELKSA) um die Aufhebung der seit 1912 bestehenden Apartheidsdoktrin innerhalb der Kirche und der südafrikanischen Gesellschaft. Der Begriff Gerechtigkeit wird auch als Gleichstellung der Geschlechter und Rassen verstanden.
Bereits 1970 melden Jugendliche ihre Mitverantwortung in der Kirche an und LWB an. Ab 1990 wurde deutlich, wie wichtig die Impulse der delegierten Frauen und Jugendlichen für den LWB sind. Der Lutherische Weltbund versteht sich immer mehr als Gemeinschaft im Sinne von "communio".
Auf Einladung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Tschechien (EEC) hatten sich vom 13.-15. November 1994 Kirchen, kirchliche Organisationen wie auch der Lutherischen Weltbund (LWB) und andere Nicht-Regierungs-Organisationen zusammen mit Partnern aus der Internationalen Gemeinschaft der Ökumene getroffen. Tagungsordnungspunkte waren: die theologische Erziehung, die Rolle und Stellung des ökumenischen Rates in Tschechien (EEC), die Ökumenische Diakonie (ED) sowie der Umgang mit Projekten, Projektanträgen und deren Förderung.
1994, 23.-26.11 in Budapest, Ungarn, trafen sich durch den Lutherischen Wellbund initiiert zu einer Koordinierungstagung „Aus der Isolation zur Partnerschaft“ die drei Mitgliedskirchen des LWB des früheren Jugoslawien: die evangelische Kirche A.B. in Slowenien, die evangelische Kirche in Kroatien und die Slowakische evangelische Kirche A.B. in Jugoslawien. Die Hilfswerke der anderen lutherischen Kirchen versuchten die diakonische Arbeit, die Medienarbeit und die religiöse Erziehung der drei genannten Kirchen zu unterstützen. Der LWB verurteilte die Kriegshandlungen in Bosnien. Der LWB unterstützte die Arbeit der UNO im ehemaligen Jugoslawien.
Immer mehr zeichnete sich ab, dass LWB und UNO wegen der weltpolitischen Probleme miteinander korrespondieren, so im Irakkonflikt. Ihre Absicht ist, den Frieden möglich zu machen und die UNO in ihrer Aufgabe dabei zu bestärken. Der LWB und die evangelisch-lutherische Kirche in Amerika (ELKA) versuchen, auf das weltpolitische Handeln der USA einzuwirken und in diesem Punkt alles der UNO zu übertragen, die in politischen Konflikten vermitteln und Lösungen anstreben soll. Dies gilt auch im Konflikt zwischen Israel und Palästinenser.
Die Arbeit des Lutherischen Weltbundes und des Lutherischen Weltdienstes müssen immer wieder neu überdacht werden, um so das Flüchtlingsproblem weltweit zu lindern und zu lösen. Die Arbeit hat zum Ziel, die Selbsthilfe zu stärken, um so Armut abbauen zu können, so z.B. in Nepal. Der LWB Weltdienst bemüht sich, Hilfe auch den rückkehrenden Menschen des Balkans zu geben.
Gegenüber dem Völkermord in Ruanda haben die Hilfsorganisationen Luth. Weltdienst und "Brot für die Welt" zielgerichtet zusammengearbeitet. Sie unterstützten das Programm gegen AIDs und ebenso das Landwirtschaftsprojekt. Damit wird das Programm der 10. LWB-Vollversammlung in Winnipeg von 2003 mit ihrem Thema „Zur Heilung der Welt“ in die Tat umgesetzt.
Die Wechselbeziehung zwischen Theologie und Weltdienst fordert auf, zu einem Überdenken der Lutherischen Zwei-Reiche-Lehre (=Kirche -Staat), ebenso der Eschatologie, um die Spannung zwischen christlicher Hoffnung und politischem Fortschritt zu lösen. Denn hier auf der Welt beginnt das Reich der Zukunft und der Menschenrechte. Nicht umsonst wurden bereits in Daressalam 1977 die sozialethischen Themen: Menschenrechte, Arbeit, Bildung und Friedensarbeit angesprochen.
Vor allem die Hilfsmassnahmen für Kinder und für Frauen werden vom LWB gefördert. Nur verständlich, dass der Generalsekretär des LWB, Pfarrer Dr. Ishmael Noko, zu Hilfsmassnahmen gegen das Seebeben in Südostasien 2005 aufgerufen hat. Der LWB bemüht sich seit 1975 durch Länderprogramme die diakonische Arbeit in Notgebieten der jeweiligen Länder zu fördern.
Zum WWF (Weltwirtschaftsforum in Davos) wurde von evangelisch-lutherischen Seite das WSF (Weltsozialforum) als Alternative gegründet. WSF wendet sich gegen eine rücksichtlose „Globalisierung von oben“. Sie streben eine soziale Bewegung im Licht der Bibel an. Es geht um eine “bessere Welt“. Vom 26.-31. Januar 2005 tagte das Weltsozialforum in Porte Alegre, Brasilien. (46) Die religiösen Metaphern und Methoden werden auf die Gesellschaft übertragen: Menschenwürde, Menschenrechte, Wirtschaftsgerechtigkeit, Hilfe gegen HIV/AIDS, Friede und Bewahrung der Schöpfung. Die Botschaft des Evangeliums ist sozialpraktisch und wirkt in Raum und Zeit. Der LWB beteiligt sich an den Problemen und den Lösungen der Zivilgesellschaft. Ziel ist es, durch Netzwerke gegen Ungerechtigkeit anzukämpfen. Dem LWB geht es darum, vom Evangelium her auf die Menschenrechte aufmerksam zu machen.
Seit 2000 befasst sich der LWB im Rahmen eines Programmschwerpunktes mit den Herausforderungen, die die wirtschaftliche Globalisierung der lutherischen Gemeinschaft als Teil einer größeren ökumenischen Familie und der Zivilgesellschaft stellen. Die Vollversammlung des LWB in Winnipeg 2003 verhandelte bewusst die verschiedenen Kontexte, in denen Menschen leben, um vom christlichen Glaube die sozialen Nöte beantworten zu versuchen. Deshalb versucht sich der LWB auf die wirtschaftliche Globalisierung einzulassen und beizutragen, die Spannung zwischen Arm und Reich abzubauen. Dabei bemüht er sich. die Wirtschaft nicht nur den Marktgesetzen zu überlassen wird, sondern versucht durch sein Programm der "Mitverantwortung des Menschen" Einfluss zu nehmen. Die Vorschläge und Ergebnisse wurden in der Publikation „Communion, Responsibility, Accountability- Responding as a Lutheran Communion to Neoliberal Globalization“, Genf 2005, veröffentlicht.
So bemüht sich der LWB durch seine Vollversammlungen und durch seine Organisationen die Wechselbeziehung von Theologie und Welt mit Leben zu füllen und seine Arbeit als einen Lebensplan für Menschen hinzustellen. Bestimmt wird die Arbeit des LWB vom Evangelium als einer weltumspannende Botschaft.
1) Haenchen, Ernst: Die Apostelgeschichte. Göttingen 1961. S., 396 ff.
2) Wentz, A.R. (Hrsg.) The Lutheran Churches of the World 1952. Genf 1952.
3) Schmidt-Clausen, Kurt: Vom Lutherischen Weltkonvent zum Lutherischen Weltbund. Geschichte des Lutherischen Weltkonvents (!923-1947) Gütersloh 1976. S., 11.
4) Jentsch, Werner: Fassade oder Fundament? Die Pariser Basis. Kassel 1954.
5) Steinacker, Peter: Artikel Kirchentage, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 19. Berlin/New York 1990. S., 101 ff.
6) Genischen, H.W.: Missionsgeschichten der neueren Zeit. Göttingen 1961. S., 10 ff; 16 ff; 30 ff.
7) Nelson, E.C. (ed.) The Lutheranism in North America. Philadelphia 1975.
8) Mayer, F.E. : The Religious Bodies of America. 2. Aufl. St. Louis (Missouri) 1956.
9) Richter, J. (Hrsg.): Allgemeine evangelische Missionsgeschichte. 5 Bände. 1906-1932.
10) The Lambethes 1867-1948. London 1949.
11) Aulen, Gustaf (Hrsg.): Ein Buch von der Kirche. Göttingen 1951, S., 253ff.
12) Aulen, Gustaf (Hrsg.): Ein Buch von der Kirche. Göttingen 1951. S., 234 ff.
13) Resch, Alfred: Das Lutherische Eingungswerk. 2. Aufl. Gotha 1902.
14) Hermelink, H: Das Christentum in der Menschheitsgeschichte von der französischen Revolution bis zur Gegenwart. Suttgart u. Tübingen 1951. Bd. I., S., 172 ff.
15) Ahner: Der Vertretertag der Vereinigten Gotteskasten Deutschlands. Allg.. Ev.-luth. Kirchenzeitung 1921, S. 584.
16) Karlström, N.: Nathan Söderblom in Memoriam, Stockholm 1931.
17) The Lutheran World Convention – The Minutes, Adresses and Discussions of the Conference at Eisenach August 19th-26th 1925. Philadelphia 1925.
---Protokoll des I. Lutherischen Weltkonvents zu Eisenach vom 19. bis 24. August 1923. Denkschrift herausgegeben im Auftrag des Ausschusses Leipzig 1923.
18) Lilje, Hans: Vorgeschichte und Geschichte des Lutherischen Weltbundes. In: Lutherische Rundschau 1952. S., 117.
19) Die lutherischen Kirchen der Welt in unseren Tagen. hg.: im Auftrag des Exekutivkomitees des luth. Weltbundes. Hrsg.: von Afred. Th. Jörgensen, Abdel Roß Wentz, P. Fleisch, Leipzig 1929.
20) Art.II: Lehrgrundlage der Verfassung des LWB.
21) Bericht des Exekutivkomitees für Fortsetzungsarbeit an dem Zweiten Lutherischen Weltkonvent.
22) Die lutherischen Kirchen der Welt. Hrsg. Von Fleisch, Jörgensen und Wentz a.a.O.
23) Protokoll des II. Lutherischen Weltkonvents zu Kopenhagen vom 26. Juni bis 4. Juli 1929. Denkschrift herausgegeben im Auftrage des Ausschusses. Leipzig 1929.
---Depositum Jögensen, Kopenhagen 1934, Riksarkivet.
24) a.a.O., 1939.
25) Murtorinne: Erzbischof Eiem zum deutschen Kirchenkampf 1933-1945, Helsinki 1968, S., 87.
26) Boyens, A.: Kirchenkampf und Ökumene 1933-1939. München 1969. S., 69 ff; 72 ff; 78 ff.
27) Protokoll des III. Lutherischen Weltkonvents zu Paris vom 13 bis 20. Oktober 1935. Denkschrift herausgegeben im Auftrag des Exekutivkomitees. Als Handschrift gedruckt. Berlin 1939 S. 128.
28) a.a.O., S. 108.
29) Protokoll von Uppsala 1946 und Protokoll von Lund 1947. Archiv des Lutherischen Weltbundes, Genf.
30) Klügel, E. : Die lutherische Landeskirche Hannovers und ihr Bischof 1933-1945. Berlin-Hambug 1964/65 Bd. II. S.,159 ff.
31) Besier, G ., Sauter, G.: Wie Christen ihre Schuld bekennen: Göttingen 1985. S., 62.
32) Ehrenberg, Hans: Luthertum: ökumenisch und deutsch. Gütersloh 1947. S., 64.
33) Barandon, Paul: Die Vereinten Nationen und der Völkerbund in ihrem rechtsgeschichtlichen Zusammenhang. Hamburg 1948.
34) LBW-Archiv Genf, ES I, 1.
35) Grundmann, S.: Der Lutherische Weltbund – Grundlagen. Herkunft. Aufbau. Köln und Graz. 1957.
---Der Lutherische Weltbund. Lund 1947. Berichte und Dokumente, Lund. Schweden 30.6 - 6.7. 1947. Stuttgart 1948.
---Verfassung des Lutherischen Weltbundes, angenommen von der Ersten Vollversammlung, 1947, Lund, Schweden. In: Schjorring, Jens Holger, Kumari, Prasanna, Hjelm, Norman (Hg.): Vom Weltbund zur Gemeinschaft. Geschichte des Lutherischen Weltbundes 1947-1997. Hannover 1997. S., 465 ff.
36) Offizieller Bericht der Zweiten Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes. Hannover Deutschland 1952.
37) Offizieller Bericht der Dritten Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes, Minneapolis, Minnesota 1957, München 1958.
38) Offizieller Bericht der Vierten Vollversammlung des LWB. Helsinki 1963, Berlin-Hamburg 1965.
39) Evian 1970. Offizieller Bericht der Fünften Vollversammlung des LWBs, epd-dokumentation 3. Witten. Frankfurt. Berlin 1970.
40) Daressalam 1977. In Christus- eine neue Gemeinschaft, Offizieller Bericht der 6. Vollversammlung des LWB. epd-dokumentation 18. Frankfurt /M. o. J.
41) Budapest 1984. In Christus-Hoffnung für die Welt. Offizieller Bericht der Siebten Vollversammlung des LWBs. LWB-Report 19/20. Februar 1985.
42) Hjelm, Noman (Hrsg.): "Ich habe das Schreien meines Volkes gehört". Curitiba 1990. Offizieller Bericht der Achten Vollversammlung des Lutherischen Wetbundes, LWB- Report 28/29 Dezember 1990.
43) Von Curitiba nach Hongkong. Genf 1996. S., 93.
44) Vom Weltbund zur Gemeinschaft. Geschichte des Lutherischen Weltbundes 1947-1997. Hg. Von Jens Holger Schjörring; Prasanna Kumari, Norman Hjelm. Hanover 1997. S., 457.
45) Sigvard von Sicard und Ingo Wulfhorst (Hsg.): Diapraxis and Beyond: Christians and Muslims Together on the Way. LWB-Studien 2003.
---Consultation on the Quality of Partnership. Konsultationsbericht. Loccum. Deutschland. 3.-5. April 1995. Lutherischer Weltbund. Abteilung für Weltdienst. Genf 1995.
46) Lutherische Welt-Information, Genf 2005, Heft 2, S. 13 ff:
Autor: Pfarrer Dr. Horst Jesse
München 5.9.2005